Sonntag, 26. Mai 2019

Stoffspielereien - Heimat

Heimat kann und muss man sich selbst schaffen. Es geht nicht darum, sich einen Seppelhut aufzusetzen und ein Spiel mitzuspielen, dessen Regeln andere geschrieben haben.
Heimat muss man sich selbst bauen, ob es nun ein Haus ist, ein Garten oder eine Gemeinschaft. Erst dem Tun erwächst Zugehörigkeit, die wird einem nicht automatisch verliehen. 
Heimat ist etwas auf das man sich zubewegen muss. Ein Ort den man findet, manchmal nach langer Suche, manchmal aus Zufall. Gelegentlich ist es der selbe Ort von dem man aufgebrochen ist. 
Und wo nun der richtige Ort ist, wie weiß man das? Gestern sagte jemand im Fernsehen „Glück ist, wenn man´s merkt.“ Das stimmt und man könnte es gut abwandeln „Heimat ist, wenn man´s merkt.“

Meike Winnemuth: Bin im Garten – ein Jahr wachsen lassen



Heimat, ein schwieriges Thema ist es das diesen Monat für die Stoffspielereien ausgesucht wurde und das bei Nahtlust gesammelt wird. Seit das Thema bekannt gegeben wurde habe ich immer wieder darüber nachgedacht. Ich wollte mich damti auseinandersetzen und etwas beitragen.


Als erstes fielen mir Trachten ein, aber ich selbst verbinde mit Trachten überhaupt nichts. Bis auf ein von meiner Mutter selbstgenähtes Dirndl das ich im Alter von vier Jahren getragen habe, habe ich nie Tracht getragen und habe auch nicht vor das zu tun. In der Gegen in der ich aufgewachsen bin (Mittelfranken) wird auch nicht so viel Tracht getragen.

Das erste Mal kam ich bei meiner Schwiegerfamilie mit Tracht in Berührung. Dort trägt die Schützenvereinigung zu Festtagen Tracht.

Da es mich interessierte ob es auch in der Pflalz in der ich jetzt lebe noch Trachten gibt, habe ich etwas Recherchiert, aber nicht viel gefunden. Histrorische Trachten für Damen waren wohl lange Röcke und Schürzen und Hauben. Ich habe es aber noch nie erlebt, dass hier in der Gegend Tracht getragen wurde.


Der Begriff Heimat ist für mich ein schwieriger. Ich habe so etwas wie ein Gefühl der Heimat nie erlebt. Geboren bin ich im Rheinland, aufgewachsen in Franken. Meine Eltern kommen aus Hessen, einer meiner Großväter war aus Thürigen.
Ich habe nie einen Dialekt sprechen gelernt obwohl ich sowohl Fränkisch als auch Hessisch verstehe.
Meine Tochter ist in der Pfalz geboren und hat einen Vater mit fränkischen und polnischen Wurzeln.
Vor über 20 Jahren bin ich von zu hause ausgezogen und habe seit dem an verschiedenen Orten in Deutschland gewohnt, einige Monate auch im Ausland. Ich war in Bonn, Köln und Gießen, im Schwarzwald und Würzburg und auch kurz mal wieder in Franken. Seit neun Jahren wohne ich in der Pfalz und in einem Monat werden wir noch einmal innerhalb der Pfalz umziehen.

Wir Beziehen eine Wohnung in einer Wohnanlage die als Gemeinschaftswohnprojekt gebaut wird. Wir werden dort Tür an Tür mit anderen Menschen wohnen die sich wie wir für eine Gemeinschaft entschieden haben. Wir kennen schon jetzt alle unsere Nachbarn. Wir haben einen langen und nicht immer einfachen Weg der gemeinsamen Planung hinter uns.

Am letzten Wochenende las bei einem Treffen eine unserer zukünftigen Nachbarinnen den Text von Meike Winnemuth vor, der gleich zu Anfang meines Textes steht. Und er hat mich mitten ins Herz getroffen. Kurz darauf entdeckte ich dieses Häkelkissen und plötzlich wusste ich was mein Projekt für die Stoffspielereien werden würde.



Meine vor fünf Jahren verstorbene Oma hat sehr gerne gehandarbeitet. Sie hat mir als ich vier Jahre als war das Häkeln beigebracht. Sie selbst hat gehäkelt, gestrickt (auf einer wunderbaren Strickmaschine), Tischdecken bestickt und Teppiche geknüpft. Sie hat sich immer sehr gefreut, wenn ich eine der schönen bestickten  oder gehäkelten Tischdecken mitgenommen habe. Ich besitze eine große Auswahl an Erinnerungsstücken an meine Oma. So auch diese Häkeldecke. Was mir fehlt in der passende runde Tisch zur Decke. Ich habe sie zwar gelegentlich benutzt, zu letzt vor einigen Jahren unter dem Weihnachtsbaum. Seit dem fristete sie ihr Dasein im Schrank. Nun hat sie ein neues Leben bekommen, denn ich habe mir einen Kissenbezug damit genäht. Zu der Häkeldecke hatte ich ein genau passendes großes Kissen, das einen neuen Bezug brauchte. Den alten Bezug habe ich als Muster genommen und einen neuen Bezug aus lila Baumwollstoff genäht. Bevor ich die beiden Seiten zusammengenäht habe, habe ich die Häkeldecke auf den Baumwollstoff gesteckt und am Rand einmal mit der Nähmaschine rundum genäht, um die Spitze zu fixieren. Dann habe ich noch einmal mit der Overlock rund herum genäht und dabei die überstehende Häkelspitze abgeschnitten. Dann habe ich in die Naht einen Reißverschluss eingenäht und die Ränder der beiden Bezugteile rechts auf rechts aneinander genäht. 





Das Kissen erinnert mich an meine Wurzeln, an eine Zugehörigkeit. An die Menschen die mich in meinem Leben begleitet haben. Es soll mich nun begleiten in mein neues Abendteuer, soll mir Helfen ein Stück neue Heimat zu schaffen.

Herzlichst Julia

Die nächsten Termine der Stoffspielereien
28.04.2019: "100 Jahre Bauhaus" bei Siebensachen zum Selbermachen https://siebensachen-zum-selbermachen.blogspot.co.at/ 
26.05.2019: "Heimat" bei Nahtlust https://nahtlust.de/ 
30.06.2019: "Afrika" bei made with Blümchen https://www.madewithbluemchen.at/ 
29.09.2019: „Miniatur" bei Feuerwerk bei Kaze https://feuerwerkbykaze.blogspot.com/ 
27.10.2019: "Handweben" bei Schnitt für Schnitt http://schnittfuerschnitt.de/ 
24.11.2019: (Thema noch nicht fix) bei Nähzimmerplaudereien https://naehzimmerplaudereien.com/ 
Einen Überblick über die bisherigen Stoffspielereien findest Du bei „Siebensachen zum Selbermachen“. .

12 Kommentare:

  1. Mensch Julia, auch du hast dich so toll mit dem Begriff Heimat und seiner Bedeutung für dich beschäftigt. Toll, wenn ein thema auch dazu anregt - und nicht nur zum reinen Werkeln. Ich finde es großartig, dass du die Häkeldecke weiterverarbeitet und ihr eine neue Heimat gegeben hast - und sie zugleich so viel Heimat in sich trägt. Danke also sehr fürs MItmachen. Verlinkung ist erfolgt - entschuldige die Verzögerung...wir sind im Urlaub fernab der Heimat :-) LG. Susanne

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  2. Liebe Julia, "Deinen" Spruch "Heimat ist, wenn mans merkt" muss ich mir unbedingt merken, der ist klasse und spricht mir sehr aus der Seele. Danke für den schönen Beitrag und deine tolle Umsetzung - und ich hab wieder spannendes über die erfahren, z.B. dass Du aus Mittelfranken stammst - da sind wir freundschaftsbedingt auch öfter mal! :-) Liebe Grüße! Karin

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  3. Liebe Judith, den Spruch finde ich klasse. Auch das Thema Wurzeln in Zusammenhang mit Heimat. Das Häkelkissen ist ein tolles Symbol für Heimat geworden.
    Liebe Grüße
    Ute

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  4. Liebe Julia,
    wie schön, dass Du der alten Tischdecke eine neue Aufgabe gegeben hast, das nenne ich Wertschätzung, denn jetzt hast die Arbeit Deiner Oma täglich vor Augen.
    Ich bin in Unterfranken geboren und lebe jetzt auch wieder dort, mir käme es wie Dir niemals in den Sinn ein Dirndl zu tragen, das überlasse ich mal schön den Oberbayern.
    viele Grüße Margot

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    1. An meine Zeit in Unterfranken habe ich nur die besten Erinnerungen, v.a. weil ich dort meinen Mann kennengelernt habe. Jetzt bin auch immer wieder gerne dort um meine Schwiegereltern zu besuchen.

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  5. Liebe Julia,
    danke für Deinen persönlichen und berührenden Beitrag - und wie schön, dass Du mit dem Kissen ein Stück Herzensheimat geschaffen hast. Erinnerungen an liebe Menschen sind für mich auch Heimat. Bei mir ist es das Nähkästchen und die Stricknadeln meiner Oma.
    Liebe Grüße
    Ines

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  6. Liebe Julia,
    ich kann gut nachvollziehen, dass Du so ein Erinnerungsstück enger bei Dir haben möchtest als im Schrank. Mit fortschreitenden Jahren bedaure ich manchmal den damaligen Alters- und Wissensunterschied bei Menschen, die mir begegnet sind. Die Position wechselt.
    Dein Kissen mit der Häkelplatte aus Brügger Häkelei gefällt mir sehr gut. Für so etwas habe auch ich eine Schwäche, die auf Begegnungen und Erinnerungen fußt. Nicht jeder versteht das.
    LG Ute

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  7. Das letzte Bild ist so passend, wunderbar.
    Gib deinen Kindern solche Wurzeln und Geschichten, die werden sie ein Leben lang begleiten. Als Heimat.
    (Und die Winnemuth hat ein neues Buch geschrieben? Ich habe vor Jahren mit großem Vergnügen ihre Weltreise und diese Kleidersache verfolgt, da werde ich mal googeln was sie jetzt so macht.)

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    1. Sie hat sogar schon zwei Bücher geschrieben. Das habe ich auch erst gesehen also ich recherchiert habe von wem das Zitat stammt.

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  8. Spannend, liebe Julia, dass auch bei Dir so nachdenkliche Worte zu dem Thema kommen! Seit ich bei den Stoffspielereien mitmache, ist dieses mit Sicherheit eines der tiefgründigsten Themen. Ich finde es immer großartig, wenn schöne Handarbeiten aus dem Schrank kommen und in den Gebrauch gehen. Die Größe wurde mir erst beim letzten Bild klar. Alles Gute für den kommenden Umzug und den Start in einer neuen Gemeinschaft! lg, Gabi

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  9. Liebe Julia
    Dein Beitrag zeigt, wie vielschichtig das Thema ist und wie vielfältig man Heimat erleben kann.
    Das Kissen ist großartig geworden, in so sparsamer Dosierung passen die Häkeldecken auch heute noch.
    Alles Gute für die neue Wohnung und das neue Umfeld. Wir haben uns auch so etwas gewünscht, jedoch nichts passendes gefunden.
    Vielleicht berichtest Du einmal von Eueren Erfahrungen?
    Liebe Grüße
    Tyche

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  10. Das Kissen ist wunderbar, schön, dass so etwas aus deiner Familiengeschichte weiterlebt und benutzt wird, so etwas mag ich.
    Und auch ich mochte den Text oben sehr!

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